Ein Stück Erde


 (m)ein Stück Erde


Damals wünschte ich mir ein kleines Stück Erde, ein paar Margeriten vielleicht, frischen Basilikum und Datteltomaten im Topf. Kräuter für die Küche und ein winziges Stück Rasen oder Moos, um mit den nackten Füssen am warmen Junimorgen im Pyjama den ersten Schluck Schokolade zu schlürfen. 

Das Gefühl vom noch nassen aber schon warmen Rasen vermisste ich seit dem Tag, als ich von Zuhause ausgezogen bin.

Mein erstes Gartenbuch kaufte ich fast heimlich - es war mir peinlich. War doch  Gartenarbeit was für alte Leute. Garten war das, was meine Mama mochte. Und was die Eltern mögen, das hat nichts mit einem selbst zu tun. So dachte ich mit 17.  
Aber dieses Gartenbuch mit den tollen Fotos von kleinen, grünen, wilden Gärten... Es war Liebe auf den ersten Blick und es ist bis heute ein Juwel in meiner Büchersammlung.


Den Garten meiner Eltern mag ich inzwischen auch wieder. Und viele Pflanzenbabys meiner Mamma sind in meinem Garten gross geworden. Am meisten bewundere ich Mamas  Gemüsegarten. Er ist im Sommer so randvoll mit Essbarem dass das ganze Dorf beim Essen helfen muss.

Vor Jahren hat mich mein Vater verzweifelt angerufen, weil sich für den in den nächsten Tagen schiessenden Salat niemand mehr hatte finden lassen: "Du musst nach Hause kommen, Salat abholen. Wir geben schon Milch" 

Bei meiner Mutter muss bis heute jeder eine Schüssel Salat essen, sonst kommt die Lasagne, der mit Knoblauch gespickte Orange-Braten, sonst kommen die Pommes nicht auf den Tisch. Das haben auch die Schwiegersöhne bitter lernen müssen. Im Winter gibt es dann an Stelle des Salates ersatzweise Kürbis-Suppe. Und der unvermeidliche Hinweis meiner Eltern "alles vom Garten!", wird automatisch nachgeäfft. Ist die Kürbissuppe aus, gibt's Nüsslisalat. Jeder, der den Fehler macht und diese Vorspeisen brav vertilgt, ist für die folgende Hauptspeise eigentlich zu satt. Wer zum erst Mal bei meiner Mama isst, fällt immer rein.



Der Wunsch nach einem kleinen Garten wuchs mit den Jahren wie ein Artischockentrieb, der die Wintermonate überlebt hat. Er bekommt Kraft. Ich kaufte Gartenbücher, schaute heimlich über Gartenzäune, bekam Wut auf Menschen, die einen Garten hatten, aber nur Rasen und höchstens noch eine einsame Rose darin wohnen liesen. Noch mehr Wut bekam ich auf Menschen, die sich über Gartenarbeit beklagten. Die bekomme ich übrigens noch heute. Ein Garten ist ein Geschenk, genau wie Kinder. Es gibt so viele, die davon Träumen.


Diese Bild habe ich in einem Garten auf den Azoren gemacht. Ein Paradiesgarten, wie ich noch nie einen schöneren gesehen hatte.

Die Reise zurück war lang, bevor ich endlich selber in einem Garten werkeln durfte - was mein Fieber einmal mehr ansteigen liess. Gerne erzähle ich Euch ein anderes Mal mehr über diesen Lieblingsgarten mitten im Atlantik.







Kommentare

  1. Ein schöner Post! Erzähl uns mehr!
    Liebe Grüße,
    Markus

    AntwortenLöschen
  2. Ja, ich muss Markus Recht geben: Erzähle uns unbedingt mehr!!!!!! Du hast ein wundervolles Zuhause bei Deinen Eltern!!
    Ein bißchen lächeln musste ich über Deine Wut über Leute und ihre Gärten. Ich hatte mal gepostet (mit Beweisphotos, da mir nicht wirklich jemand glaubte), daß eine junge Familie im Nachbarort Plastikblumen im Garten hat ;o) Das wäre doch was für Dich *grins*
    http://botininderfrueh.blogspot.de/2013/05/vor-der-eigenen-ture-kehren.html
    Einen schönen Tag und liebe Grüße, Elke

    AntwortenLöschen
  3. Huhuuu!
    Ich finde mich TOTAL in Deinem Post wieder!
    Mir schwirren IRRE viele Ideen im Kopf rum. Bei mir sinds die Bauerngärten in Freilichtmuseen, die mein Kopfkino starten... aber NOCH fehlt mir der Garten dazu :-( Ich übe mich in Geduld!
    Liebe Grüße!

    AntwortenLöschen
  4. ach was für ein schöner Post.
    Als ich noch "Nur Wohnungs Besitzerin ohne Balkon" war, schaute ich immer mit ärger auf die vielen trostlosen Balkone.
    Dann malt ich mir aus, wie schön es doch wäre selbst einen solchen zu besitzen!
    Dann hatte ich einen solchen und wurstelte immer rum und jeder der bei mir war, war begeistert.
    Und jetzt, jetzt hab eich endlich meinen Garten und schaue aber noch immer in die trostlosen Gärten anderer die man manchmal so sieht!


    LG aus der Holledau, Steffi

    AntwortenLöschen
  5. Wenn ich deinen Post lese, dann finde ich meine Gedanken wieder.
    Der Wunsch nach einem Garten brachte mich, als ich noch ganz jung war, von der Großstadt aufs Land. Ein Schritt, den ich niemals bereut habe.

    Inzwischen betreue ich meinen zweiten Garten. Zwischen beiden Gärten lag ein Jahr ohne Blumen und Bäume - für mich ein Albtraum. Seit fünf Jahren pflege ich nun wieder Staudenbeete und vieles mehr. Jeder Tag zwischen meinen Blumen macht mich glücklich.

    LG Anette

    AntwortenLöschen
  6. Bei meinen Eltern gibt es auch immer Salat aus dem eigenen Garten und ich staune immer, dass sie schier unerschöpfliche Vorräte haben.
    VG
    Elke

    AntwortenLöschen
  7. Du schreibst sehr schön - bitte mehr! Macht wirklich neugierig. LG Michael

    AntwortenLöschen
  8. Ja, hat seeehr gut gewirkt! :))
    & du schreibst wirklich richtig schön!

    AntwortenLöschen
  9. Vielen Dank für Eure grosszügigen Worte. Das freut mich riesig.
    Mara-Tiziana

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Kommentare

Beliebte Posts